Flucht und Asyl 2015 – Spicker aktuell Nr. 2 von bpb.de

Aktuelle Fragen brauchen aktuelle Antworten! Der Spicker ‚Flucht und Asyl 2015‘ bietet einen kompakten Überblick über eines der Themen des Jahres 2015.

Flucht nach DeutschlandWoher und warum fliehen Menschen? Welche Arten des Schutzes gibt es für sie in Deutschland? Wer darf bleiben, wer muss wieder gehen? Und wie verändert sich Deutschland durch diejenigen, die bleiben?

Diesen und weiteren Fragen gehen die kurzen Lexikonartikel mit Zahlen und Fakten auf den Grund – wir stellen Sie euch auch hier zur Verfügung:

  1.  Welche Arten des Schutzes gibt es in Deutschland?
    1. Asyl: Anerkennung als Asylberechtigter# (politisch verfolgt nach Art. 16 a GG);
    2. Internationaler Schutz: Anerkennung als Flüchtling oder als subsidiär Schutzberechtigter# (verfolgt wegen „Rasse“, Religion oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, wie auch in § 3 Abs. 1 AsylG in Deutschland). Die begründete Furcht vor Verfolgung reicht aus, um als Flüchtling anerkannt zu werden. Voraussetzung: Der Heimatstaat ist nicht willens oder nicht fähig, die Person zu schützen (siehe Art. 1 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK)).
    3. Nationale und europarechtliche Abschiebeverbote: Schutz vor Abschiebung bei individueller Gefahr (z.B. schwere Erkrankung) oder extremer allgemeiner Gefahr (z.B. menschenrechtswidrige Zustände in Gefängnissen) = subsidiärer Schutz.


  2. Warum gewähren wir Zuflucht?
    – Schutz nach Genfer Flüchtlingskonvention; www.unhcr.de/mandat/genfer-fluechtlingskonvention.html; EU Ebene: z.B. EU-Menschenrechtskonvention oder EU-Verfahrensrichtlinie 2013/32/EU und Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU; in Deutschland in §3 AsylG verankert;
    Recht auf Asyl: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (Art. 14 Abs. 1); Grundgesetz Art. 16a Abs. 1 GG (politische Verfolgung durch den Staat); siehe www.bamf.de/DE/ Migration/AsylFluechtlinge/Asylrecht/asylrecht-node.html;
    Verantwortung Deutschlands: moralische (Menschlichkeit, Solidarität, Würde) und historische (Flucht von Verfolgten während des Nationalsozialismus).


  3. Woher und warum fliehen Menschen?
    – Hauptursachen sind politische Faktoren, z.B. (Bürger)Krieg, Diktatur, religiöse Faktoren (z.B. Diskriminierung) und wirtschaftlich-soziale Faktoren (z.B. Armut, Arbeitslosigkeit, Umweltprobleme).
    Hauptherkunftsländer der Asylbewerber# (Erstanträge Januar bis November 2015):

    • Syrien 103.708
    • Albanien 49.692
    • Kosovo 35.583
    • Serbien 24.486
    • Irak 21.303
    • Afghanistan 20.830
    • Mazedonien 12.704
    • Eritrea 8.806
    • Bosnien-Herzegowina 6.6374.

  4. Wie kommen Menschen auf der Flucht nach Deutschland?
    Flucht nach Deutschland
    Druckvorlage DIN-A4 auf: www.bpb.de/spicker

    Landweg über Türkei, Bulgarien, Griechenland und Westbalkan (Westbalkan-Route);
    Seeweg über das Mittelmeer nach Malta und Italien (zentrale Mittelmeer-Route);
    Seeweg nach Griechenland (ägäis) (östliche Mittelmeer-Route);
    Seewege sind lebensgefährlich, denn oft gibt es keine seetauglichen Schiffe, z.T. überladen. In den letzten 15 Jahren geschätzt bis zu 30.000 Tote;
    Flugzeug (sehr selten wegen EU-Richtlinie 2001 / 51 / EG: Fluggesellschaften haften demnach, wenn Passagiere im Zielland wegen fehlender Papiere abgewiesen werden);
    Visum (sehr selten; meistens muss Bürgschaft eines# Deutschen vorliegen).


  5. Wer sind die Asylbewerber#? (Zahlen von 2014)
    – 2/3 aller Antragssteller# (d.h. Aslybewerber# und Geflüchtete) waren männlich
    (Serbien 51,4 %, Syrien 71%, Somalia 73,1% ); denn oft ist in einer Familie nur Geld für die Flucht einer Person vorhanden;
    31,7 % unter 18 Jahre alt (1. Halbjahr 2015 mehr als 47.000 jünger als 18 Jahre; ca. 29 %, davon ca. 4.400 unbegleitete Minderjährige);
    – 70,5 % unter 30 Jahre und im 1. Halbjahr 2015 rund 80 % unter 35 Jahre alt
    – 63,3 % waren Muslime# und 24,6 % waren Christen#; es folgen Jesiden# (3,7 %), Konfessionslose (1,8 %), Hindus (1,3 %);


  6. Welche Länder nehmen geflüchtete Menschen auf?
    – Mitte 2015 waren ca. 60 Mio. Menschen weltweit auf der Flucht (UNHCR);
    – etwa 38,2 Mio. innerhalb ihres Heimatlandes Geflohene und 19,5 Mio. weltweit unterwegs;
    – Hauptlast tragen Länder außerhalb Europas, v.a. Nachbarländer: Türkei (1,59 Mio. Flüchtlinge), Pakistan (1,51 Mio.) und der Libanon (1,15 Mio.);
    – Januar bis September 2015 ca. 577.000 Registrierte in Deutschland (ca. 40% aller in EU-Länder Geflüchteten; darunter evtl. Mehrfachregistrierungen) und 362.153 Asylanträge (davon rund 331.230 Erstanträge); – Aslybewerber# 2014 im EU-Vergleich: 2,5 je 1.000 Einwohner# in Deutschland, Schweden: 8,4, Ungarn: 4,3, Österreich: 3,3, Malta: 3,2.


  7. Wie sieht das Aufnahmeverfahren in Deutschland aus?
    Asylgesuch: Meldung als asylsuchend an Grenze (Flughafen, Seegrenze, Landgrenze) oder im Inland bei zuständigen Behörden (z.B. Polizei, BAMF);
    Zuständigkeitsprüfung im Rahmen des Dublin Verfahrens: Deutschland ist zuständig – Einleitung des Asylverfahrens; Deutschland ist nicht zuständig – Einleitung des übernahmeverfahrens, d.h. Person wird in das für das Asylverfahren zuständige EU-Land rücküberstellt;
    Erstaufnahme: Registrierung und Erstversorgung (Land) , Verteilung auf Bundesländer nach jährlich neu festgelegten Quoten („Königssteiner Schlüssel“);
    – Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) ist für Unterbringung und Versorgung zuständig;
    Persönliche Asylantragstellung: bei einem Büro des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Verbleib für max. 6 Monate;
    vorläufige Unterbringung: Verteilung auf die Stadt- und Landkreise in einem Bundesland, Unterbringung und Versorgung meist in Gemeinschaftsunterkünften (Stadt, Kommune) für max. 24 Monate oder bis über Antrag entschieden ist;
    Anschlussunterbringung: bei Anerkennung als Asylberechtigter# oder als Flüchtling zunächst Aufenthaltserlaubnis für 3 Jahre. Bei Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter#: zunächst Aufenthaltsgenehmigung für 1 Jahr (aktueller Stand siehe: www.bamf.de/DE/Migration/ AsylFluechtlinge/Asylverfahren/Verteilung/verteilung-node.html).


  8. Wer darf bleiben, wer muss wieder gehen?
    Zum Aufenthalt berechtigt
    sind:
    – Menschen, die als Asylberechtigte oder als international Schutzberechtigte (Flüchtling oder subsidiär Schutzberechtigte) anerkannt werden;
    – oder wenn sogenannte nationale Abschiebeverbote (d.h. bei individueller Gefahr [z.B. schwerer Erkrankung] oder extremer allgemeiner Gefahr [z.B. bei menschenrechtswidrigen Zuständen in Gefängnissen]) bestehen. Schutzquote: ca. 50 %.
    Ausreisepflichtig sind Menschen, deren Asylantrag abgelehnt wurde. Sie müssen Deutschland innerhalb einer bestimmten Frist verlassen (falls dem nicht andere Gründe entgegenstehen). Wer nicht freiwillig ausreist, kann abgeschoben werden. Häufig abgelehnt (bzw. als unzulässig eingestuft [b, c]) werden u.a. die Anträge von Menschen, die (a) z.B. wegen Armut oder Arbeitslosigkeit ihr Herkunftsland verlassen haben, da diese keine ausreichenden Gründe für Schutz sind, (b) die über einen sicheren Drittstaat (alle EU-Staaten sowie Norwegen und Schweiz) eingereist sind, der formal für das Asylverfahren zuständig ist, (c) die aus einem sicheren Herkunftsstaat (d.h. alle EU-Staaten, Bosnien und Herzegowina, Ghana, Mazedonien, Senegal, Serbien, Albanien, Kosovo und Montenegro) kommen.


  9. Wie verändert sich Deutschland durch diejenigen, die bleiben?
    Gesellschaftlichen Wandel gibt es immer, siehe z.B. von der Agrargesellschaft über die Industriegesellschaft zur Dienstleistungsgesellschaft; oder demografischer Wandel (immer mehr Alte und weniger Junge).
    – Wandel geht mehr oder weniger langsam, aber nie plötzlich vonstatten.
    – Ende 2014 lebten rund 8,2 Mio. Ausländer# in Deutschland; bei maximal 1 Mio. Geflüchteten im Jahr 2015 wird diese Zahl auf bis zu 9 Mio. ansteigen (es werden nicht alle hierbleiben), d.h. die deutsche Mehrheitsgesellschaft hat einen Anteil von fast 90 %. übrigens: Zwischen 700.000 und 800.000 Menschen ziehen aus Deutschland jedes Jahr weg.
    – Zahl der ca. 4,5 Mio. Ausländer# aus Nicht-EU-Staaten wird sich erhöhen;
    – rund 363.000 Menschen bezogen 2014 Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (Ausgaben etwa 2,4 Mrd. Euro), Zahl und Ausgaben werden 2015 ansteigen. Andererseits „Kleines Konjunkturprogramm“ durch Ankurbelung des Konsums;
    – bisher etwa 4 bis 4,5 Mio. Muslime# in Deutschland, Zahl wird sich durch Zuwanderung aus islamischen Ländern auf etwa 5 Mio. erhöhen, d.h. 94 % der Bevölkerung in Deutschland sind keine Muslime#.
    – Durch Zuwanderung gibt es längerfristig zusätzliche Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt.


  10. Welche Maßnahmen gibt es zur Integration?
    Sprachkurse (Integrationskurse) für anerkannte Asylbewerber# (und aus bestimmten Regionen schon während des Verfahrens) sowie frühzeitige Informationen zu Landeskunde sowie Gesellschaftsund Rechtsordnung;
    – Bemühungen zur dezentralen Unterbringung in kleineren Einheiten (besser als große Sammelunterkünfte);
    Schulen für schulpflichtige Kinder und Jugendliche, Einrichtung von Spezialklassen für Schüler# ohne Deutschkenntnisse
    – Angebote zur Integration in den Arbeitsmarkt (z.B. Anerkennung vorhandener Abschlüsse, Bleibeperspektive während einer Ausbildung);
    – zusätzliches Angebot durch Vereine, Kirchen, Ehrenamtliche und Freiwillige.

 


Zum Download:

Quelle: http://www.bpb.de – Autor: Robby Geyer, Seiten: 1, Erscheinungsdatum: Dezember 2015, Erscheinungsort: Bonn, Verfügbarkeit: nur als PDF erhältlich